Hallo aninemo,
ich schreibe mal hier ins Forum, da es sicher auch für andere interessant sein könnte.
Fragen dieser Art höre ich letzter Zeit recht viel. Entweder sind es Kunden, die ein Stück geerbt haben, oder es ist jemand in Geldnöten oder demjenigen gefällt das gute Stück einfach nicht mehr. Leider musste ich eigentlich jeden enttäuschen, der privat eines seiner Schmuckstücke verkaufen wollte.
Die Erwartungen werden einfach zu hoch gesteckt und die langen Gesichter des Kunden sind erstmal verständlich, wenn man für ein Schmuckstück, das einen Verkaufspreis von sagen wir mal 1000.- Euro hatte, im Höchstfall vielleicht nur 250.- Euro geboten bekommt.
Aber nun ist es ja so, dass ein Goldschmied oder Juwelier vom Verkauf des Schmuckes leben können möchte und muss. Der Juwelier hat eine gewisse Handelsspanne, die er erzielen muss, der Goldschmied setzt Material und seine Arbeitskraft ein.
Wenn man nun ein Schmuckstück angeboten bekommt, so ist es im allgemeinen getragen, also ein Gebrauchtartikel. Je nachdem, wie der Besitzer das gute Stück behandelt hat, ist eine Aufarbeitung notwendig, d.h. Tragespuren oder sonstige Beschädigungen müssen erst einmal behoben werden. Gerade bei Ringen hat die verarbeitete Steinware oft Beschädigungen, die nicht auf den ersten Blick vom Laien zu erkennen sind.
Auch wenn der Schmuck in neuwertigem Zustand ist, wird man niemals den Preis erzielen, den man sich erhofft. Nehmen wir einmal an, der Goldschmied oder Juwelier als potentieller Käufer hätte Interesse und das Stück würde in die Geschmackskategorie passen, die er vertritt sowie die Chancen für einen weiteren Verkauf stünden gut. Nun muss der Käufer seine Handelsspanne abziehen, dann gehen nochmals die Mehrwertsteuer ab, denn er kann bei einem Privatankauf keine Vorsteuer ziehen. Er kann ein gebrauchtes Schmuckstück nicht als Neuware verkaufen, auch wenn es in bestem Zustand ist, also muss nochmals nach unten korrigiert werden. Die Ware soll ja nun wieder verkauft werden. Der Juwelier übernimmt also Gewährleistungspflichten. Wenn im Nachhinein nun doch noch ein verdeckter Mangel auftaucht, der optisch nicht erkennbar war, so reklamiert seinerseits der Juwelier bei seinem Händler bzw. der Goldschmied ist für seine eigene Arbeit selbst verantwortlich. Bei einem Privatankauf ist das nicht möglich, er trägt somit das volle Risiko. Also auch hier wieder ?Punktabzug?.
Mal ein Beispiel: es kommt ein Kunde und bietet mir einen Ring mit Brillanten in bestem Zustand an. Nun prüfe ich erst mal das Gold auf seine Echtheit, Gewicht und Feingehalt, dann prüfe ich die Brillanten auf Echtheit, Schliff, Farbe, Reinheit etc. Da wird es schon schwierig, denn bei eingefassten Steinen können sich Einschlüsse unter der Fassung verbergen, die Farbe kann nicht korrekt definiert werden, da das umgebende Gold bzw. Platin die Farbe verfälscht etc.
Zur eigenen Sicherheit muss ich etwas nach unten korrigieren. Zertifikate sind sicher hilfreich, doch der Edelstein-Einkauf ist in erster Linie auch Vertrauenssache. Das Gewicht von eingefassten Steinen kann ich nur errechnen, das ist keine 100% Geschichte.
Nun habe ich die Steine soweit klassifiziert, ich vergleiche nun, was ich für Steine dieser Qualität bei meinem Händler bezahle. Da ich, wie gesagt, bei einem Privatankauf keine weiteren Sicherheiten habe, korrigiere ich nach unten.
Bleibt noch die Ringschiene. Gewicht und Feingehalt sind nun bestimmt, jetzt überschlage ich, was mich der Ring in der Anfertigung bzw. im Einkauf kosten würde. Auch nochmal Abzug wegen Privatankauf.
Wenn ich nun ein wirkliches Schnäppchen machen kann, kann ich darüber nachdenken.
Aber es bleibt immer noch ein Risiko. Nehmen wir einmal an, der Ring wird weiterverkauft und soll in der Weite geändert werden. Der Ring wird nun aufgesägt, um Gold einzusetzen oder um ihn enger zu machen. Ich beginne zu biegen, und das Material reißt auf, weil es sich um einen mangelhaften Guss handelt. Dann habe ich die sogenannte A-Karte. Ich hatte erst vor 3 Tagen einen Gussring auf dem Tisch zur Weitenänderung, da ist genau das passiert. Es war aber ein Neuring, den ich dann wiederum bei meinem Gießer reklamieren konnte, also nicht weiter schlimm. So etwas kommt manchmal vor.
Du siehst also, es sind wesentlich mehr Dinge bei einem eventuellen Ankauf zu beachten, als nur das reine Herunterrechnen der Handelsspanne.
Dazu kommt noch das Risiko, gestohlene Ware angeboten zu kommen. Das trifft in Deinem Fall zwar nicht zu, aber das ist bei jedem Ankauf möglich. Daher muss sich der Goldschmied bei sogenanntem Altgoldankauf den Personalausweis zeigen lassen, die Daten sowie eine Schmuckbeschreibung werden im sogenannten Ankaufsbuch festgehalten, welches regelmäßig überprüft wird. Sollte tatsächlich einmal ein gestohlenes Stück dabei sein, und ich habe es noch nicht verkauft, so bin ich das Stück und mein Geld los. Sollte ich das Stück bereits verkauft haben, so stehe ich noch blöder da, dann wird?s lustig.
Es sind also vielerlei Dinge zu beachten, die den Preis erheblich drücken. Die Risiken müssen also auch bezahlt werden, denn schließlich betreibt man sein Geschäft zum Broterwerb.
Bei gut bekannter Kundschaft, wo bereits ein Vertrauensverhältnis besteht, ist dies letzte Risiko kaum gegeben, aber alles andere behält seine Gültigkeit.
Die besten Chancen für Privatleute, ein Schmuckstück zu verkaufen, hat man dann, wenn es sich um ein wirklich außergewöhnliches Stück handelt, ein besonders schönes Unikat zum Beispiel, welches auch noch den geschmacklichen Zeitgeist trifft oder man kennt Kunden, von denen man weiß, dass sie sich dafür interessieren könnten.
Schmuckverkauf z.B. bei ebay ist sicher eine Möglichkeit. Man kann ein Mindestgebot angeben, wenn dies nicht erzielt wird, so hat man sein Stück wenigstens nicht verschleudert. Vom Schmuckeinkauf bei ebay rate ich ab, denn Echtheit und Qualität können nicht beurteilt werden. Solch ein Kauf birgt ein hohes Risiko. Der Fachmann sieht sofort, was er erworben hat, der Laie muss seinen Erwerb erst von einem Fachmann prüfen lassen, wenn er sicher sein will, auch das erhalten zu haben, auf das er geboten hat. Diese Leistung kann natürlich nicht umsonst sein.
Es gibt auch Fachgeschäfte und Goldschmiede, die im Internet verkaufen, da sieht es dann wieder anders aus. Wobei ich Schmuckkauf als etwas sehr persönliches betrachte, aber das muss jeder selbst entscheiden.
Bleibt noch die Möglichkeit, sich an ein Auktionshaus zu wenden. Damit habe ich allerdings noch keine Erfahrungen gemacht. Man sollte ein seriöses Haus wählen und einen Termin vereinbaren, in welchem dann Verkaufschancen, Provisionen etc. besprochen werden können.
Dazu kann ich keine Empfehlung abgeben, aber vielleicht hilft dieser link:
http://www.beyars.com/de/de_auktionshaus.html
Bei Pfandleihhäusern bekommt man noch am wenigsten. Das ist eigentlich der letzte Gang, wenn einem schon der Kittel brennt.
Nun die letzte Möglichkeit, welche aber auch die Beste ist. Man geht mit seinen Schätzchen zu einem Goldschmied seines Vertrauens. Dort kann man sich kompetent beraten lassen, was man aus den ?hässlichen Entlein? schönes machen kann, sei es eine Umarbeitung oder eine Neuanfertigung, bei der die vorhandenen Steine verwendet und das Gold verwendet oder verrechnet werden.
Kleine Umarbeitungen wirken manchmal wahre Wunder, und auch aus Altgold kann man die schönsten Stücke zaubern, so dass Oma?s Erbstück nicht wirklich verloren geht, sondern ehrenvoll ein individuelles neues Gewand erhält.
Dies ist meine Empfehlung.