Nun, es hört sich vielleicht etwas altbacken an, aber dennoch etwas aus eigener Erfahrung als stellvertretender Vorsitzender des Gesellenprüfungsausschusses:
Das Berichtsheft ist ein Nachweis der erlernten Ausbildungsinhalte. Es stellt den zeitlichen Ablauf der Ausbildung dar und zeigt die erreichten Ausbildungsinhalte auf.
Das ist sowohl für den Lehrling als auch für den Lehrherren sinnvoll und wichtig. Denn über die Funktion der reinen Nachweisführung hinaus reflektiert der Lehrling beim Schreiben des Berichtsheftes noch einmal das, was er eben an diesem Tag oder in jener Woche gemacht und gelernt hat. Erlerntes und Erarbeitetes bleibt so besser haften.
Der Lehrherr, der nicht immer selbst derjenige ist, der Wissen und Kenntnisse vermittelt (oft erklären ja auch Gesellen und Kollegen Dinge und geben Anweisungen) kann sich über den jeweiligen Stand seines Schützlings informieren und gegebenenfalls Mißverstandenes korrigieren bzw. versäumtes nachholen.
So der Idealfall.
Denn von einem Lehrling erwarte ich genauso, daß er seine Ausbildung ernst nimmt und ehrgeizig lernen will, sowie ich diesen Ernst von jedem Ausbilder erwarte, seinen Anbefohlenen nach bestem Wissen und Gewissen auszubilden und möglichst viel zu vermitteln. Auch als Ausbildender sollte man eine gehörige Portion Ehrgeiz haben, daß der eigene Lehrling am Ende wirklich gut ist, am liebsten besser als der Durchschnitt.
Die Praxis sieht leider oft anders aus. Berichtshefte werden schlampig geführt oder sind als solche nicht zu erkennen, weil es eine Ansammlung von Schmierzetteln ist, Berichtshefte sind ordentlich geführt, aber es steht nichts drin, weil nichts vermittelt wurde etc.
Bei einer Zwischenprüfung, während der auch die Berichtshefte angesehen werden, kann man nun einigermaßen gut erkennen, wo jemand steht und wie es läuft. Wir benoten entsprechend und können gegebenfalls empfehlend auf Lehrling oder Lehrherren zugehen, aber das war es dann auch schon.
Und es tut manchmal schon weh, wenn das Gesellenstück tip top gearbeitet ist, man kann aber nur eine drei geben, weil das Stück zu anspruchslos ist, da man dem Lehrling einfach nicht mehr beigebracht hat. Und es gibt Fälle, da möchte man die Gesellenstücke am liebsten in die Tonne hauen und den Lehrling gleich hinterher, weil der faule Sack etwas abgeliefert hat, daß es einem die Sprache verschlägt.
In diesen Fällen ist das Berichtsheft für mich eine große Hilfe bei der Einschätzung, denn da sehe ich, wo über die drei Jahre die Aufgaben lagen und ob sie adäquat waren. Liegt es eher am Lehrling oder mehr an schlechter Ausbildung? Schlechte Ausbildung kann leider dennoch nicht bei der Bewertung berücksichtigt werden :-\
Aber sollte es zu Streitigkeiten bezüglich korrekter Ausbildung kommen, so ist das Berichtsheft sogar ein Beweismittel.
Bei einer eventuellen Anklage des Auszubildenden gegen seinen Ausbildungsbetrieb ?orientiert sich der Schlichtungsausschuss und in letzter Instanz das Gericht in erster Linie anhand des Berichtsheftes über den ordnungsgemäßen Verlauf der Ausbildung.
Das Berichtsheft sollte also auch aus eigenem Interesse gut und ordentlich geführt werden
Daß es mal zeitweilig etwas klemmt, daß man mal was verpennt oder vertrödelt hat, und dann nacharbeiten muss, das ist normal und kein Beinbruch. Da ist man dann schon froh, wenn man ein Heinzelmännchen findet, welches einem zur Hand geht. Geht und ging uns allen so, mir auch ;D
gegen einen effizienten Einsatz aller Mittel hat sich keiner ausgesprochen
So isses.
Solange dies nicht charakteristisch für die ganze Lehrzeit ist, gehört das sogar dazu.